Stuttgart, September 2025 – Nach dem bitteren 1:3-Derby-Debakel gegen den SC Freiburg brennt beim VfB Stuttgart sprichwörtlich der Baum. Die Derbypleite gegen den Erzrivalen aus dem Breisgau sitzt tief – nicht nur bei den Fans, sondern auch bei Trainer Sebastian Hoeneß. Und der machte nach dem Schlusspfiff kein Geheimnis daraus, wo für ihn die Hauptschuld an dieser enttäuschenden Niederlage lag: im Zentrum des Spiels – im defensiven Mittelfeld. Besonders zwei Spieler standen dabei im Fokus der Kritik: Atakan Karazor und Angelo Stiller.
„Wir haben das Spiel im Zentrum verloren“, sagte Hoeneß mit ungewohnt scharfen Worten. „Wenn wir dort nicht griffig sind, nicht wach, nicht zweikampfstark, dann wird es gegen jede Mannschaft schwer – und gegen Freiburg, mit ihrer Kompaktheit und ihren schnellen Umschaltmomenten, umso mehr.“ Eine öffentliche Rüge, die sitzt – und die nicht nur eine taktische, sondern auch eine psychologische Dimension hat. Denn das Mittelfeld, traditionell das Herz jeder funktionierenden Mannschaft, war gegen Freiburg kaum vorhanden.
Karazor, eigentlich bekannt für seine Stabilität, seine körperliche Präsenz und seine Ruhe am Ball, wirkte fahrig, langsam und unkonzentriert. Bereits in der ersten Halbzeit unterliefen ihm mehrere Ballverluste im Aufbauspiel, die zu gefährlichen Freiburger Kontern führten. In der 27. Minute war es ein leichtfertiger Fehlpass von ihm, der zum 0:1 durch Freiburgs Stürmer Gregoritsch führte – ein Nackenschlag, von dem sich der VfB nicht mehr erholen sollte. Karazor stand nach dem Spiel sichtlich geknickt in der Mixed Zone, wich den Fragen der Journalisten größtenteils aus und verschwand kommentarlos in den Mannschaftsbus.
Auch sein Nebenmann, Angelo Stiller, konnte dem Spiel kaum Struktur verleihen. Der Neuzugang, der eigentlich als spielstarker, strategisch denkender Mittelfeldlenker geholt wurde, wirkte überfordert mit der Intensität des Derbys. Fehlpässe, verlorene Zweikämpfe, mangelnde Körpersprache – Hoeneß war sichtbar enttäuscht vom Auftritt seines Mittelfeldduos. Besonders bitter: Stiller hatte in den Wochen zuvor eigentlich aufsteigende Form gezeigt, sich besser in das System integriert und vermehrt Taktgeberqualitäten angedeutet. Doch im Derby fiel er wie das gesamte Zentrum in sich zusammen.
Dabei hatte Hoeneß das Spiel mit einer klaren Marschroute begonnen: die Kontrolle im Zentrum sichern, Freiburg früh unter Druck setzen, die Räume zwischen den Ketten eng halten. Doch davon war auf dem Platz wenig zu sehen. Immer wieder konnten die Freiburger unbedrängt durch das Zentrum kombinieren, hatten Zeit und Raum, ihre Angriffe sauber aufzubauen oder schnell umzuschalten. Die Passivität der Stuttgarter Sechser war auffällig – und für Hoeneß offenbar inakzeptabel.
„In solchen Spielen geht es um Haltung, um Haltung im Kopf und im Körper“, wetterte der VfB-Coach in der Pressekonferenz. „Wenn du im Derby keinen Zugriff bekommst, wenn du die zweiten Bälle nicht holst, wenn du dich in den Duellen wegdrücken lässt – dann verlierst du verdient.“ Deutlichere Worte hätte der Trainer kaum finden können. Dabei war es nicht das erste Mal, dass Hoeneß mit seinem Mittelfeld haderte. Schon in den vergangenen Spielen gegen Leverkusen und Mainz gab es Phasen, in denen die Kompaktheit im Zentrum verloren ging. Doch das Derby brachte die Probleme mit voller Wucht an die Oberfläche.
Intern soll es bereits klare Worte gegeben haben. Laut „Stuttgarter Nachrichten“ kam es am Tag nach dem Spiel zu einer intensiven Analyse mit der Mannschaft. Besonders Karazor und Stiller sollen dabei direkt von Hoeneß angesprochen worden sein – sachlich, aber unmissverständlich. Es sei um Verantwortung gegangen, um Konzentration und um die Frage, wer sich in den kommenden Wochen voranstellen will. Der Trainer erwarte „eine Reaktion – und zwar nicht auf Social Media, sondern auf dem Platz“.
Die Frage stellt sich nun: Wie geht es weiter im Stuttgarter Mittelfeld? Gibt es personelle Konsequenzen? Denkbar ist, dass Hoeneß beim nächsten Spiel gegen Eintracht Frankfurt rotiert. Mit Enzo Millot steht ein kreativer Spieler bereit, der in den letzten Wochen mehrfach seine Spielintelligenz unter Beweis gestellt hat. Auch der junge Leonidas Stergiou, eigentlich als Innenverteidiger geholt, wurde im Training vereinzelt auf der Sechs getestet. Ob das bereits eine ernsthafte Option ist, bleibt abzuwarten – zeigt aber, dass sich der Trainerstab mit Alternativen beschäftigt.
Ein weiterer Name, der zuletzt häufiger gefallen ist: Mahmoud Dahoud. Der erfahrene Mittelfeldspieler, der in der Sommerpause als potenzieller Führungsspieler geholt wurde, konnte bislang verletzungsbedingt noch nicht eingreifen, steht aber kurz vor seiner Rückkehr ins Mannschaftstraining. Sollte er fit werden, dürfte er im Zentrum sofort eine Rolle spielen – gerade in Hinblick auf Struktur, Kommunikation und strategische Balance.
Für Karazor und Stiller bedeutet das: Es wird ernst. Die nächsten Spiele könnten entscheidend sein – nicht nur für die Tabellensituation des VfB, sondern auch für die persönliche Zukunft der beiden. Der Konkurrenzkampf wird schärfer, die Geduld des Trainers scheint endlich. Und die Fans, die nach dem Derby frustriert und verärgert waren, fordern ebenfalls eine klare Reaktion. Immerhin ging es gegen Freiburg nicht nur um Punkte, sondern um Stolz – und den haben viele Anhänger an diesem Nachmittag vermisst.
In den sozialen Medien wurde der Auftritt des Mittelfelds heftig diskutiert. Zahlreiche User forderten Konsequenzen, andere zeigten sich enttäuscht vom mangelnden Biss in einem so emotionalen Spiel. Dabei ist klar: Auch Karazor und Stiller wissen um die Bedeutung dieses Derbys – umso erstaunlicher, wie leblos der Auftritt wirkte. Ob es mentale Gründe hatte, taktische Missverständnisse oder einfach einen schlechten Tag – letztlich zählt in dieser Phase der Saison nur die Reaktion.
Sebastian Hoeneß hat in seiner Zeit beim VfB gezeigt, dass er klare Vorstellungen hat, wie sein Team auftreten soll: aktiv, dominant, mit klaren Prinzipien im Spiel gegen den Ball. Doch dafür braucht es Spieler im Zentrum, die diese Idee tragen – in Physis, in Haltung und in Handlungsschnelligkeit. Karazor und Stiller stehen nun in der Pflicht, zu zeigen, dass sie diese Rolle ausfüllen können. Andernfalls könnte das Mittelfeld-Experiment bald ein Ende finden – und Stuttgart gezwungen sein, neue Impulse zu setzen.
Die nächsten Wochen werden zeigen, ob die öffentliche Kritik von Hoeneß ihre Wirkung nicht verfehlt hat. Im besten Fall führt sie zu einem Ruck, zu einem Neustart im Zentrum. Im schlechtesten Fall vertieft sie das Chaos, das sich gegen Freiburg so deutlich gezeigt hat. Eines ist jedenfalls sicher: Mittelmaß wird im Stuttgarter Mittelfeld nicht mehr akzeptiert.