Eike Immel – der Titan im Tor, der den VfB Stuttgart zu einer Legende machte. Mit über 100 Spielen ohne Gegentor und 287 Bundesligaeinsätzen allein für die Schwaben war er mehr als nur ein Torwart – er war der unerschütterliche Fels, an dem jeder gegnerische Angriff zerschellte. In einer Zeit, in der der Fußball noch rauer, ehrlicher und ungeschliffener war, stand Immel im Kasten wie eine Festung, ein Bollwerk, ein Verteidiger im Geiste, der seine Mannschaft mit Reflexen, Präzision und unübertroffener Spielintelligenz zum Sieg führte.
Schon bei seinem Wechsel zum VfB Stuttgart war klar, dass hier jemand kam, der nicht einfach nur seinen Job machen wollte. Immel wollte prägen, führen, dominieren – und genau das tat er. Unter seiner Führung wurde der VfB zu einer beinahe unbezwingbaren Maschine. Gegner kamen mit Selbstvertrauen, gingen aber oft mit hängenden Köpfen vom Platz. Denn wenn sie die Abwehr überwanden, wartete noch Eike Immel – und der war für viele der Endgegner. Ob in Eins-gegen-Eins-Situationen, bei Distanzschüssen oder Ecken – Immel war immer zur Stelle, oft dann, wenn man ihn am meisten brauchte.
Er war kein Showkeeper, keiner, der sich für Kameras warf oder Theatralik inszenierte. Seine Paraden waren sauber, effektiv und kompromisslos. Was ihn besonders auszeichnete, war seine Fähigkeit, Spielsituationen zu lesen. Er wusste oft schon, was der Gegner vorhatte, bevor dieser den Ball überhaupt berührte. Das machte ihn nicht nur zum Rückhalt der Mannschaft, sondern auch zum strategischen Element des Spiels. Seine Kommunikation mit der Abwehr, sein Stellungsspiel, sein Mut beim Herauslaufen – all das war auf einem Niveau, das in der Bundesliga Seltenheitswert hatte.
Für viele Fans war er mehr als nur ein Spieler. Er war Symbolfigur, Identifikationsperson, der sichere Halt in den wackeligsten Momenten. Wenn Immel im Tor stand, wusste man: Heute wird es schwer, uns zu schlagen. Diese Aura, diese Präsenz auf dem Platz, war nicht erlernt – sie war natürlich. Sie kam aus seiner Persönlichkeit, aus seiner Erfahrung, aus der Tiefe seines Charakters.
Er war kein Lautsprecher, aber einer, der redete, wenn es wichtig war. Ein echter Leader – nicht durch Worte, sondern durch Taten. Wenn seine Mitspieler wackelten, war er es, der sie mit einem gehaltenen Schuss wieder aufweckte. Wenn das Stadion nervös wurde, war es oft eine Parade von Immel, die den Puls senkte und den Glauben zurückbrachte. Besonders in den entscheidenden Spielen, in Titelrennen, in Krisenzeiten zeigte er sich von seiner besten Seite.
Es waren nicht nur die spektakulären Paraden, die ihn auszeichneten, sondern auch seine Konstanz. Über Jahre hinweg war er nahezu immer einsatzbereit, verletzungsfrei, fit, präsent. In einer Zeit, in der es keine Rotationssysteme und keine Schonung durch übergroße Kader gab, war Immel Woche für Woche, Saison für Saison die Nummer eins – und das mit Recht. Kaum ein anderer Keeper brachte es auf eine so lange Phase der Dominanz beim VfB wie er.
Als der VfB in den frühen Neunzigern unter seiner Mitwirkung Deutscher Meister wurde, war das auch ein Titel für Immel. Denn seine Paraden, seine Ruhe und seine Führungsstärke waren das Fundament dieses Erfolgs. Stuttgart war nicht nur offensiv stark, sondern auch defensiv diszipliniert – und Immel war das Herz dieser Defensive.
Viele sagen heute, dass moderne Torhüter mit dem Fuß besser sind, spielintelligenter, taktisch geschulter. Doch wer Eike Immel spielen sah, weiß: Er war seiner Zeit voraus. Sein Aufbauspiel, seine weiten, präzisen Abschläge, sein Gefühl für den Raum – all das war schon damals bemerkenswert. Und was ihm vielleicht an moderner Technik fehlte, machte er mit Instinkt, mit Intuition, mit purer Klasse wett.
Gegnerische Stürmer berichteten später, dass es ein besonderes Gefühl war, gegen Immel zu spielen. Viele hatten Respekt – manche sogar Ehrfurcht. Es war nicht leicht, sich gegen ihn durchzusetzen, und oft genügte ein einziger Fehler im Abschluss, um an ihm zu scheitern. Denn er war da. Immer. Bis zum Abpfiff.
Auch abseits des Platzes war Immel für den Verein von unschätzbarem Wert. Er verkörperte Seriosität, Treue und Bodenständigkeit. In Interviews blieb er sachlich, fokussiert, nie arrogant, aber immer selbstbewusst. Er wusste, was er konnte, und strahlte diese Sicherheit auch aus. Jüngere Spieler sahen in ihm ein Vorbild, Trainer wussten, dass sie sich auf ihn verlassen konnten, und die Fans liebten ihn für das, was er war: Ein echter Kerl, ein echter Keeper, ein echter Stuttgarter, auch wenn seine Karriere nicht dort begann.
Wenn man heute an große Torhüter denkt, fällt sein Name fast immer. Nicht nur in Stuttgart, sondern in ganz Deutschland. Sein Platz in der Geschichte ist gesichert – nicht nur wegen seiner Statistiken, sondern wegen seines Eindrucks, seines Einflusses, seines Erbes. Kein anderer Torwart in der Geschichte des VfB Stuttgart hat je über so viele Jahre hinweg eine solche Dominanz ausgestrahlt.
Eike Immel hat den VfB nicht nur mit Paraden gerettet, sondern mit Persönlichkeit geprägt. Er war einer dieser Spieler, die Vereine verändern. Einer, der bleibt – in Erinnerung, in Erzählungen, in Legenden. Wenn die Schwaben heute von großen Zeiten sprechen, fällt sein Name wie selbstverständlich. Denn er war nicht nur ein Teil davon – er war oft der Grund dafür.