Es war ein Spiel, das lange keinen Sieger verdient hatte – intensiv, emotional, taktisch geprägt, voller Zweikämpfe und mit zwei Mannschaften, die sich auf Augenhöhe begegneten. Und doch war es wieder der VfL Wolfsburg, der am Ende jubeln durfte. In allerletzter Sekunde war es Innenverteidigerin Sara Doorsoun-Küver, die in der Nachspielzeit per Kopf zur Matchwinnerin avancierte und den viel umjubelten Lucky Punch setzte. Der FC Köln, über 90 Minuten leidenschaftlich kämpfend und mit großem Einsatz gegen die Favoritinnen aus Niedersachsen agierend, stand am Ende mit leeren Händen da. Und Wolfsburg? Sie sichern sich den zweiten Tabellenplatz – auf denkbar dramatische Art und Weise.
Das Duell zwischen den FC-Frauen und dem VfL Wolfsburg war von Beginn an von hoher Intensität geprägt. Wolfsburg reiste als Favorit an, mit all der individuellen Klasse, der internationalen Erfahrung und dem klaren Ziel, weiter im Meisterschaftsrennen zu bleiben. Der FC Köln hingegen steckte tief im Tabellenkeller, kämpfte gegen den Abstieg und brauchte dringend ein Erfolgserlebnis, sei es auch nur in Form eines hart erkämpften Punktes. Schon vor Anpfiff war die Ausgangslage klar: Alles andere als ein Wolfsburger Sieg wäre eine Überraschung gewesen. Und doch wurde genau das fast Realität.
Denn Köln zeigte von der ersten Minute an, dass man sich nicht verstecken wollte. Mit aggressivem Pressing, gut organisierten Ketten in der Defensive und schnellen Kontern gelang es dem Team von Sascha Glass, Wolfsburg immer wieder vor Probleme zu stellen. Die Wölfinnen kamen schwer ins Spiel, wirkten phasenweise ideenlos, und auch die individuellen Stärken einer Alexandra Popp oder Lena Oberdorf verpufften gegen die kompakt stehenden Kölnerinnen. Die FC-Frauen zeigten genau das, was im Abstiegskampf zählt: Mut, Leidenschaft und Teamgeist.
Auf der Gegenseite versuchte Wolfsburg über Ballkontrolle und Dominanz im Mittelfeld Struktur ins Spiel zu bringen. Doch Köln machte die Räume eng, stellte die Passwege zu und zwang den Favoriten immer wieder zu langen Bällen oder Ballverlusten. Besonders auffällig: die Disziplin, mit der Köln agierte. Jeder Zweikampf wurde angenommen, jede Lücke sofort geschlossen, jeder Ballgewinn mit Applaus von der Bank und den Fans belohnt. Zur Pause stand es 0:0 – für den neutralen Beobachter vielleicht torarm, für Köln aber ein Teilerfolg.
In der zweiten Halbzeit intensivierte Wolfsburg seine Offensivbemühungen, brachte frische Kräfte von der Bank und drückte die Gastgeberinnen tiefer in deren Hälfte. Die Entlastung nach vorne wurde für Köln seltener, aber die Defensive hielt – zumindest bis kurz vor Schluss. Besonders Keeperin Meike Kämper zeigte mehrfach starke Paraden und rettete gegen Bremer, Popp und Jule Brand mit viel Übersicht und Reflexen. Es schien, als könnte Köln dem Druck tatsächlich standhalten. Die Minuten vergingen, die Hoffnung wuchs, der Punktgewinn rückte näher. Doch genau in dem Moment, als viele bereits aufatmeten, schlug Wolfsburg zu.
Wir schreiben die 91. Minute, der letzte Angriff rollt über die rechte Seite. Ein schneller Spielzug, eine präzise Flanke in den Strafraum – und dort steigt Sara Doorsoun-Küver am höchsten. Inmitten der Kölner Abwehr setzt sie sich robust durch und platziert den Ball per Kopf unhaltbar ins lange Eck. Jubel auf der Wolfsburger Bank, Entsetzen und Fassungslosigkeit bei den Kölnerinnen. Es war der späte Lucky Punch, der alles veränderte. Aus einem beachtlichen Unentschieden gegen einen Champions-League-Anwärter wurde eine bittere, fast tragische Niederlage. Wieder einmal – wie schon in den Wochen zuvor – wurde Köln in der Schlussphase um einen verdienten Punkt gebracht.
Für Sara Küver war es ein besonderer Moment. Die Innenverteidigerin, die nicht gerade für ihre Torgefahr bekannt ist, hatte das richtige Timing, den nötigen Willen und die Entschlossenheit, den Ball genau in dem Moment zu treffen, in dem es am meisten zählte. Es war nicht nur ein Tor, es war eine Aussage. Wolfsburg kann Spiele auch in letzter Sekunde entscheiden – und beweist damit die Qualität, die Spitzenteams ausmacht. In engen Spielen, wenn nichts funktioniert und der Gegner über sich hinauswächst, reicht oft ein Moment, ein Standard, ein Kopfball, um alles zu drehen.
Nach dem Abpfiff standen sich zwei Welten gegenüber. Auf der einen Seite die jubelnden Wolfsburgerinnen, die wussten, wie wichtig dieser Sieg im Kampf um die oberen Tabellenplätze war. Auf der anderen Seite ein zutiefst enttäuschter 1. FC Köln, der trotz einer großartigen Leistung mit leeren Händen dastand. Trainer Sascha Glass sprach von einer „ganz bitteren Lektion“, lobte aber gleichzeitig die „brutale Leidenschaft und defensive Geschlossenheit“ seines Teams. „Wir haben gegen eine der besten Mannschaften Europas fast 90 Minuten alles im Griff gehabt. Und dann passiert so ein Ding in der Nachspielzeit – das fühlt sich im Moment einfach nur leer an.“
Auch Spielerinnen wie Manjou Wilde oder Sharon Beck zeigten sich nach dem Spiel konsterniert. „Wir haben uns zerrissen, geblockt, gelaufen, alles gegeben. Das ist dann einfach nur brutal“, so Beck. Die Kölnerinnen wussten, dass sie eigentlich einen Punkt verdient gehabt hätten – aber im Fußball zählen keine Konjunktive. Die bittere Realität: null Punkte, trotz starker Leistung.
Für Wolfsburg war der späte Sieg nicht nur ein Befreiungsschlag nach einem zähen Spiel, sondern auch ein wichtiges Signal in Richtung Konkurrenz. Nach dem Punktverlust gegen Bayern München musste ein Sieg her, um auf Kurs zu bleiben – und genau das wurde geschafft. Die Art und Weise wird in der Nachbetrachtung vielleicht weniger glänzen, aber am Ende zählt das Ergebnis. Küver sichert drei Punkte und stellt damit klar: Wolfsburg bleibt hartnäckig, bissig und gefährlich – bis zur letzten Sekunde.
Beim 1. FC Köln bleibt die Erkenntnis, dass der Klassenerhalt in dieser Saison ein Kraftakt wird. Immer wieder gute Spiele, engagierte Auftritte, aber am Ende oft fehlende Erträge. Das Spiel gegen Wolfsburg war dafür das beste Beispiel. Ein Punkt gegen den Vizemeister hätte Auftrieb gegeben, moralisch und tabellarisch. Stattdessen bleibt Frust – und der bittere Geschmack, schon wieder fast alles richtig gemacht zu haben, aber nichts Zählbares in den Händen zu halten. Die rote Laterne rückt damit erneut gefährlich nah.
Trotzdem muss der Blick nach vorne gehen. Die kämpferische Leistung gegen Wolfsburg zeigt, dass sich die Mannschaft nicht aufgegeben hat. Die Struktur stimmt, der Einsatz sowieso, nur das Ergebnis fehlt. In den kommenden Wochen stehen direkte Duelle gegen Teams aus dem Tabellenkeller an – Spiele, in denen kein Lucky Punch entscheiden sollte, sondern ein klarer, verdienter Sieg. Dafür müssen die Kölnerinnen die Enttäuschung schnell abschütteln und die Energie aus diesem Spiel in die kommenden Aufgaben mitnehmen.
Der späte Kopfball von Küver hat ein Spiel entschieden – vielleicht aber auch mehr als das. Für Wolfsburg war es ein Signal an die Konkurrenz, für Köln eine Lektion in Härte, Entschlossenheit und der Brutalität des Fußballs. Denn manchmal reicht ein einziger Moment, um einen ganzen Spieltag auf den Kopf zu stellen.