Kasper Hjulmands europäische Sorgen vor dem Spiel gegen Kopenhagen Bayer Leverkusen steht vor einem der entscheidenden Momente der Saison, wenn es in der Champions League nach Kopenhagen geht – und für Kasper Hjulmand ist dieses Spiel mehr als nur ein weiterer Termin im Kalender.

Kasper Hjulmands europäische Sorgen vor dem Spiel gegen Kopenhagen

Bayer Leverkusen steht vor einem der entscheidenden Momente der Saison, wenn es in der Champions League nach Kopenhagen geht – und für Kasper Hjulmand ist dieses Spiel mehr als nur ein weiterer Termin im Kalender.

Der neue Trainer ist gerade erst vor wenigen Wochen vom Posten als dänischer Nationaltrainer zu Bayer gewechselt, und obwohl sein Start durchaus Hoffnungen geweckt hat, sind die Erwartungen enorm hoch. Dass er nun so früh in diesen Wettbewerb einsteigen muss, bringt viele Herausforderungen mit sich – sportlich, menschlich und organisatorisch.

Schon seit der Verpflichtung von Hjulmand wird deutlich, dass Leverkusen sich in einer Phase des Umbruchs befindet. Der Klub verlor wichtige Spieler, die zuletzt prägend für den Erfolg waren. Der Abgang von Florian Wirtz, Jeremie Frimpong, Jonathan Tah und Granit Xhaka hat Lücken gerissen – nicht nur in der Startelf, sondern auch in der Identifikation. Gleichzeitig kamen neue Gesichter: Mit Verpflichtungen wie Ibrahim Maza, Malik Tillman oder Loïc Bade wurde versucht, diese Lücken zu schließen, doch Integration braucht Zeit. Ein Trainerwechsel innerhalb einer Saison, gerade wenn zudem große Teile des Kaders ausgetauscht wurden, zwingt zu Anpassungsleistung; Stabilität muss aufgebaut und Beziehungen neu geformt werden. Hjulmand steht also schon bei seinem Amtsantritt unter dem Druck, dass sofort Leistung und Resultate gefragt sind – insbesondere in Europa, wo Leverkusen in der letzten Saison mit starken Auftritten in der Champions League glänzte.

Die Bundesliga begann für den Klub unter Hjulmand holprig. Vor seinem Debüt gegen Eintracht Frankfurt hatte die Mannschaft keine Siege eingefahren, die Mannschaft litt unter dem Umbruch, hatte Mühe, Rhythmus und Selbstverständnis zu finden. Obwohl das 3:1 gegen Frankfurt als gelungenes Debüt gewertet wurde, war es ein Spiel voller Turbulenzen – zwei Platzverweise, Phasen, in denen Leverkusen defensiv ins Schwimmen geriet, und das spürbare Ringen um Kontrolle und Sicherheit. Diese Momente zeigen: Noch ist Hjulmands Mannschaft nicht gefestigt. Es fehlt an Automatismen, an Sicherheit in brenzligen Situationen – und gerade in Europa werden solche Schwächen sofort bestraft.

Die Champions-League-Partie gegen Kopenhagen ist deshalb fast symptomatisch für den Status quo. Auf der einen Seite ist es ein Spiel mit emotionaler Bedeutung für Hjulmand. Als Däne, ehemaliger Trainer der Nationalmannschaft, wird dieses Rückspiel in sein Heimatland zwangsläufig genau beobachtet – nicht nur von der Leverkusener Öffentlichkeit, sondern aus Dänemark. Jeder Fehler wird stärker gewichtet, jede Geste, jede Entscheidung, jede Aufstellung. Auf der anderen Seite ist Kopenhagen kein einfacher Gegner; das Team kennt sich in vielen Belangen aus mit europäischen Duellen und wird den Gastgebern kaum Großzügigkeit zeigen. Zudem muss Leverkusen auswärts antreten, was immer eine zusätzliche Belastung ist – Reise, fremde Atmosphäre, Abstimmung mit Fans, Medien und Erwartungen zuhause.

Ein weiteres Problem: Verletzungen und Ausfälle verschärfen Hjulmands Lage. So fehlt aktuell Nathan Tella aufgrund einer Knieverletzung – sein Ausfall trifft die Offensive hart, denn er war zuletzt einer der prägenden Offensivspieler gewesen. Ohne ihn muss Leverkusen Alternativen finden – und zwar verlässlich, nicht nur in Ansätzen. Darüber hinaus ist Exequiel Palacios für den Rest der Hinrunde wegen einer Muskel-Sehnen-Verletzung ausgefallen; ein weiterer Rückschlag für das zentrale Mittelfeld. Solche Ausfälle bringen nicht nur taktische Schwierigkeiten mit sich, sie beeinflussen auch die Tiefe des Kaders und die Fähigkeit, flexibel auf die verschiedenen Situationen reagieren zu können.

Sportlich gesehen geht es für Hjulmand darum, das bereits hohe Niveau des Vorjahres zu bestätigen – auch wenn viele Leistungsträger gegangen sind. Bayer Leverkusen gewann letzte Saison die Bundesliga, sicherte sich den Pokalsieg und spielte in der Champions League stark mit. Die Gewöhnung an das Double, an die Rolle des Champions-League-Teilnehmers, bedeutet, dass jeder Fehltritt besonders auffällt. Gegner sehen Leverkusen als gejagte Mannschaft, gegen die man sich messen möchte. Hjulmand muss also nicht nur eine Mannschaft aufbauen, die funktioniert, sondern eine, die unter Druck Bestand hat – bei Rückstand, in Unterzahl, in intensiven Momenten.

Die taktischen Herausforderungen sind vielfältig. Zum einen verlangt die Champions League ein hohes Maß an Flexibilität: Spiele in engen Räumen, Pressing, Umschaltmomente, Fehlervermeidung. Zum anderen muss Hjulmand das Spiel seines Teams so anlegen, dass es Kontrolle, aber auch Gefährlichkeit bietet. Der Mix aus Offensivdrang und defensiver Stabilität ist noch nicht eingespielt – und Kopenhagen kann solche Unsicherheiten ausnutzen. Vor allem in Auswärtsspielen kann ein kleiner technischer oder mentaler Fehler große Folgen haben.

Zudem ist der mentale Druck gewaltig. Für einen Trainer, der gerade erst angefangen hat, ist es immer anders, wenn man unter Beobachtung steht. Medien, Fans und auch Sponsoren erwarten schnelle Resultate. In der Bundesliga werden Niederlagen stärker thematisiert als Erfolge gefeiert, wenn man neu anfängt. In Europa sind die Erwartungen noch höher, weil Leverkusen in den letzten Jahren europäische Ambitionen gezeigt hat – und jeder möchte sehen, dass man dort bestehen kann. Für Hjulmand heißt das: Er darf keine Anlaufschwierigkeiten zeigen, zumindest keine, die öffentlich besorgniserregend sind. Andernfalls könnten Zweifel aufkommen, ob er der Richtige für diese Position auf längere Sicht ist.

Nicht zuletzt spielt auch das Kadermanagement eine große Rolle in diesen Tagen. Die Mannschaft ist teilweise neu zusammengestellt. Junge Spieler müssen eingebunden werden, etablierte Leistungsträger müssen sich neu orientieren und Vertrauen in das neue System gewinnen. Kommunikation und Führung sind Schlüssel: Hjulmand muss dafür sorgen, dass die Spieler verstehen, was erwartet wird, dass sie gespürt haben, dass sie eine Rolle haben – sonst droht Stillstand oder Frustration.

Die Erwartungen der Klubführung sind klar. Nach dem philosophischen Stilwechsel unter Xabi Alonso möchte man bei Bayer Leverkusen nicht auf Kontinuität verzichten. Hjulmand wurde geholt, um eine stabile Entwicklung zu starten, um ein Team zu formen, das sowohl national als auch international mithalten kann. Rückschritte, Patzer und Unsicherheiten sind erwartet – doch sie dürfen nicht zum Dauerzustand werden. Sein Vertrag bis 2026/27 gibt ihm zwar Zeit, doch Zeit allein reicht nicht – sie muss genutzt werden, sichtbar.

Das Spiel gegen Kopenhagen kann deshalb richtungsweisend sein. Ein erfolgreicher Auftakt in der Champions League kann Mut geben, Akzeptanz schaffen, Zweifel zerstreuen. Er kann zeigen, dass das Team funktioniert, dass die neuen Spieler sich gut eingliedern, dass die Defensivarbeit standhält und die Offensive Chancen kreiert. Ein gutes Ergebnis wäre auch wichtig für das Selbstverständnis, die Atmosphäre im Verein, Vertrauen vom Umfeld. Umgekehrt: Ein schwacher Auftritt könnte Kritik verstärken, Unsicherheiten offenlegen, Pressetrubel verursachen – und die Erwartungsbremse hitzig ziehen.

Kasper Hjulmand weiß all das. Er hat bereits betont, dass er nicht zu Leverkusen gekommen ist, um etwas zu beweisen, sondern weil er die Herausforderung liebt und an das Projekt glaubt. Er spricht von Prozessen, von täglicher Arbeit, von Entwicklung – das ist ein Zeichen, dass er sich der Situation bewusst ist und dass sein Anspruch über kurzfristigen Erfolg hinausgeht. Er weiß, dass man nicht „auf Knopfdruck“ alles ändern kann; es geht um Aufbau, um Stabilität, aber auch um Mut, Risiko und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen.

Für Bayer Leverkusen und ihre Fans ist das Match in Kopenhagen also mehr als eine Gruppenphase in der Champions League. Es ist ein Prüfstein für den neuen Kurs, ein Moment, in dem sich Form, Geist und Charakter zeigen müssen. Wenn Hjulmand und sein Team einen guten Start erwischen, könnte dies der Beginn einer neuen Ära sein – mit klarer Handschrift, wachsendem Vertrauen und wahrer Kontinuität. Verfehlt man jedoch die Erwartungen, so könnte schon jetzt Druck wachsen – und die Ruhe, die ein Trainer gerade in seiner Anfangszeit braucht, weniger werden.

Insgesamt sind die Sorgen von Kasper Hjulmand nachvollziehbar. Nicht aus Zweifeln an sich selbst, sondern aus den äußeren Umständen, aus den Einschätzungen anderer. Doch vielleicht liegt gerade darin die große Chance: Wenn ein Trainer in einer solchen Situation bestehen kann, wenn er trotz Umbruch, Verletzungen und Erwartungsdruck Führung zeigt, dann kann nicht nur ein Sieg über Kopenhagen eingefahren werden – dann kann Vertrauen wachsen, dann kann sich zeigen, wer dieser Verein ist und wie hoch er wirklich fliegen kann in Europa.

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