Schock beim VfB Stuttgart. Mitten in der laufenden Saison hat der Verein völlig überraschend Trainer Sebastian Hoeneß entlassen. Eine Nachricht, die wie ein Blitz durch die Bundesliga fährt, die Fans in Rage versetzt, Experten fassungslos zurücklässt und selbst Konkurrenten staunend auf die Schwaben blicken lässt. Was ist passiert beim so stabil wirkenden Klub, der noch vor wenigen Monaten als Musterbeispiel für Kontinuität und Aufbruch gefeiert wurde? Noch vor Wochen wurde Hoeneß als Zukunftsfigur gepriesen, sein Vertrag bis 2028 verlängert, seine Arbeit in höchsten Tönen gelobt. Und jetzt – das Aus. Ohne Vorwarnung, ohne offizielle Begründung, mitten in einer Phase, in der sich Stuttgart noch immer auf Champions-League-Kurs befand. Der Verein teilte am Vormittag in einer kurzen Pressemitteilung mit, dass man sich „mit sofortiger Wirkung“ von Sebastian Hoeneß getrennt habe. Es sei eine „schwierige, aber notwendige Entscheidung“ gewesen, hieß es weiter. Namen, Hintergründe, Details? Fehlanzeige. Die Vereinsführung schweigt, die Pressekonferenz wurde kurzfristig abgesagt, Spieler sind nicht zu erreichen. Die Gerüchteküche explodiert.
Innerhalb von Minuten überschwemmen wütende Fans die sozialen Netzwerke. Unter dem Hashtag #HoeneßBleibt trendet ein digitaler Proteststurm. „Was ist nur los mit unserem Verein?“, „Wir hatten endlich wieder Hoffnung – und jetzt das“, „Unfassbar!“, schreiben Anhänger auf Twitter, Facebook und Instagram. Vor dem Vereinsgelände in Bad Cannstatt versammeln sich Dutzende Fans, fordern Aufklärung, schwenken Schals mit durchgestrichenem Vorstandsnamen, einige werfen Vereinskarten auf den Boden. Die Polizei muss anrücken, um das Gelände zu sichern. Noch am frühen Nachmittag ist die Stimmung angespannt, die Menge wächst.
Sportjournalisten und Experten rätseln derweil fieberhaft, was hinter dem Paukenschlag steckt. Erste Stimmen vermuten interne Spannungen zwischen Trainer und Vereinsführung, möglicherweise Unstimmigkeiten über Transfers, Spielphilosophie oder Trainingsmethoden. Andere spekulieren über eine Eskalation hinter verschlossenen Türen, vielleicht sogar persönliche Auseinandersetzungen oder den Bruch eines internen Versprechens. Auffällig ist: Schon in den letzten Wochen gab es vermehrt Gerüchte über atmosphärische Störungen im Verein, auch wenn diese stets heruntergespielt wurden. Doch niemand hätte mit einer so abrupten Trennung gerechnet – schon gar nicht in einem Moment, in dem der sportliche Erfolg zumindest nach außen sichtbar war.
Auch aus der Mannschaft dringt kaum etwas nach außen. Einzig ein nicht namentlich genannter Spieler äußert sich gegenüber einem Journalisten mit den Worten: „Das kam für uns alle aus dem Nichts. Er war heute Morgen noch da. Wir haben ihn verabschiedet – aber wir wissen auch nicht mehr als ihr.“ Die Ungewissheit wird zum Nährboden für Spekulationen. War es ein Machtkampf im Vorstand? Gab es Differenzen mit einzelnen Spielern? Oder handelt es sich gar um ein disziplinarisches oder privates Thema, das man der Öffentlichkeit vorenthalten möchte?
Noch während sich das Rätsel um die Trennung verdichtet, kursieren erste Namen möglicher Nachfolger. Der Name Domenico Tedesco fällt ebenso wie der von Adi Hütter, der angeblich vereinslos ist. Auch über ein mögliches Comeback von Pellegrino Matarazzo wird spekuliert – ausgerechnet der Mann, den Hoeneß einst ersetzte. Andere sprechen von einer internen Lösung: Co-Trainer Michael Gentner, selbst VfB-Ikone, könnte vorübergehend übernehmen. Doch bisher hat sich niemand offiziell geäußert. Nur eines scheint klar: Der neue Mann muss schnell gefunden werden, denn bereits in drei Tagen steht das nächste Bundesliga-Spiel an – gegen den FC Augsburg, ein direkter Tabellennachbar. Ein Debakel könnte den Druck auf die Vereinsführung weiter erhöhen.
Die Bundesliga insgesamt zeigt sich irritiert. Aus München, Dortmund und Leverkusen kommen zurückhaltende Kommentare. „Überraschende Entscheidung“, sagt Julian Nagelsmann in einem kurzen Interview. „Ich habe höchsten Respekt vor Sebastian und seiner Arbeit.“ In Leipzig spricht man von einem „unerwarteten Einschnitt bei einem aufstrebenden Team“. Die anderen Trainerkollegen halten sich bedeckt, man wolle „nicht spekulieren“, heißt es fast unisono. Doch unter der Oberfläche brodelt es: In der Branche spricht man hinter vorgehaltener Hand von einem „eigenartigen Alleingang“, manche von einem „Fehler, der dem VfB teuer zu stehen kommen könnte“.
Denn kaum jemand hat vergessen, was Hoeneß aus dem VfB gemacht hat. Als er im April 2023 übernahm, stand der Klub kurz vor dem Abstieg. Er stabilisierte das Team, rettete es über die Relegation und formte es in kürzester Zeit zu einem Spitzenteam. In der Folgesaison wurde Stuttgart Vizemeister, qualifizierte sich für die Champions League und begeisterte mit mutigem, offensivem Fußball ganz Fußball-Deutschland. Unter Hoeneß wurden Spieler wie Serhou Guirassy, Chris Führich oder Angelo Stiller zu Stars, Talente wie Laurin Ulrich fanden den Sprung in den Profikader. Noch im Frühjahr hatte Hoeneß seinen Vertrag verlängert – ohne Ausstiegsklausel, mit großen Zielen. Und jetzt das Aus. Mitten im September. Ohne klare Begründung. Für viele ist das nicht nachvollziehbar.
Die Medien überschlagen sich derweil mit Sondersendungen, Breaking-News-Bannern und Live-Tickern. Sportsendungen ändern ihre Abendprogramme, Talkshows laden in letzter Minute neue Gäste ein. Alles dreht sich um die Frage: Warum musste Hoeneß wirklich gehen? Was steckt hinter dem plötzlichen Bruch? Und wer kann den Verein in dieser Situation übernehmen? Die Dramatik nimmt fast historische Ausmaße an – selten hat ein Trainerrauswurf so viele Fragen aufgeworfen und eine derartige emotionale Welle ausgelöst. Manche vergleichen den Moment gar mit dem plötzlichen Rücktritt von Jürgen Klopp in Dortmund oder der legendären Entlassung von Lucien Favre in Gladbach – Situationen, in denen nicht nur der sportliche Erfolg, sondern auch die emotionale Bindung zwischen Trainer, Mannschaft und Fans zerschnitten wurde.
Am Abend kündigt der Verein schließlich eine Pressekonferenz für den nächsten Tag an. Bis dahin bleibt alles offen. Die Fans sind wütend, verunsichert, enttäuscht. Experten bleiben ratlos. Der Verein steht unter Druck, Antworten zu liefern. Die Spieler stehen vor einer Zerreißprobe. Der neue Trainer – wer auch immer es wird – wird nicht nur ein sportliches Erbe antreten, sondern auch gegen die Erwartungshaltung und das Erbe eines beliebten Vorgängers ankämpfen müssen. Die Bundesliga schaut gebannt nach Stuttgart. Die Saison ist noch jung – aber für den VfB könnte sie bereits jetzt aus den Fugen geraten. Ein Knall, der noch lange nachhallen wird.